Die Stadt Königs Wusterhausen enthüllt Infotafeln am Schütte-Lanz Gewerbepark in Zeesen. Mitinitiator Hans Rentmeister ruft zur Umbenennung des Gebiets auf.
„Wie gehen wir mit Technik um?“ - Eine Frage, die für die KWer Bürgermeisterin Michaela Wiezorek angesichts der aufkommenden Künstlichen Intelligenz, nichts an Brisanz verloren hat und eine Fragestellung, die auch im Hinblick auf die Vergangenheit bewegt. „Wir haben eine Verantwortung, mit Geschichte umzugehen und sie zu benennen“, betont Wiezorek im Angesicht der vier Informationstafeln, die vor dem Eingang des Sportstadions am Schütte-Lanz Gewerbepark im Kwer Ortsteil Zeesen am 2. Juli offiziell enthüllt wurden.
Diese tragen der bewegten Geschichte des Standorts Rechnung, auf dem 1915 Luftfahrtpionier Johann Schütte und Landmaschinenbauer Karl Lanz ein Flugplatz und eine Luftschiffwerft errichteten. Dort fertigten 1.717 Arbeiter, unter ihnen auch viele Kriegsgefangene, insgesamt drei Luftschiffe. Schütte entwickelte und produzierte an den Standorten Zeesen und Mannheim insgesamt 22 Luftschiffe. 13 seiner Schiffe kamen im 1. Weltkrieg als Fernbomber zum Einsatz, um damit unter anderem auch zivile Ziele in London zu bombardieren.
Als Flugzeuge die Luftschiffe in ihrer militärischen Bedeutung abzulösen begannen, verlegte man sich in Zeesen auf den Bau von Flugzeugen und Flugzeugteilen. Nachdem nach Kriegsende die Produktion auf zivile Güter wie Kleinautomobile, Boote, Möbel und Öfen umgestellt wurde und der wirtschaftliche Erfolg ausblieb, wurde das Werk im März 1925 geschlossen.
Tafel-Mitinitiator Hans Rentmeister sieht die Enthüllung der Infotafeln nur als Etappensieg und appelliert, angesichts Johann Schüttes Rolle als Kriegsprofiteur und Anhänger des NS-Regimes das nach ihm benannte Gewerbegebiet umzubenennen. In Mannheim wurde in diesem Jahr bereits ein nach Schütte benanntes Kinderhaus umgewidmet. Hans Rentmeister erinnert auch an die Rolle von Frank Rauhut, der sich als Mitstreiter des „Bündnis gegen Rechts“ für die Aufarbeitung dieses Kapitels der Zeesener Ortsgeschichte starkgemacht hatte.
„Geschäft und Moral harmonieren selten“, fasst Buchautor Denny Hafemann zusammen, der sich intensiv mit der Geschichte des Zeesener Gewerbegebiets beschäftigt hat und sogar ein Buch mit dem Titel „Hergestellt im Verborgenen“ herausgebracht hat. Zusammen mit Hans Rentmeister, Peter und Berthild Dietrich hat Denny Hafermann gemeinsam mit der Stadtverwaltung Texte erarbeitet und Bilder für die Infotafeln zusammengestellt.
1925 wurden die Gebäude von der Deutschen Reichspost übernommen. Diese nutzte die Produktionshalle zur Reparatur von Bussen und bildete Busfahrer aus. 1927 begann die Deutsche Landkraft-Führerschulen GmbH mit der Ausbildung von Landwirten, die im Führen von Traktoren, Motorpflügen und anderen Landwirtschaftsmaschinen geschult wurden. In der Zeit zwischen 1935 und 1945 wurde am Zeesener Standort die Postschutzschule eingerichtet, welche eine bedeutende Rolle im Räderwerk des nationalsozialistischen Systems spielte. 1942 wurde die Schule direkt der Waffen-SS unterstellt und war somit direkt an Kriegsverbrechen beteiligt. Nach dem 2. Weltkrieg bauten die Sowjets das Progress-Werk auf und gingen mit Kleinbussen in die Serienproduktion. 1994 wurde das Werk geschlossen und der Deutschen Telekom AG übertragen. 2013 wurden die letzten Gebäude abgerissen.
Heute befindet sich auf der Fläche das Schütte-Lanz-Gewerbegebiet. Hier haben sich unter anderem Firmen wie pedag Schelchen GmbH, Karl Weiss Ingenieurtief- und Rohrleitungsbau, verschiedene Autohäuser und Niclas Hein Kälteanlagen-Klima- und Regelungstechnik angesiedelt.
Seit 2012 wurde die Idee der Schütte-Lanz-Infotafeln regelmäßig in den Stadtverordnetenversammlungen thematisiert. „So freut es mich besonders, nach dieser langen Zeit die Tafeln heute zu enthüllen und die unterschiedlichen Aspekte und Bewertungen der Person Johann Schütte einzuordnen“, so die Bürgermeisterin. In Deutsch und Englisch können sich nun Geschichtsinteressierte über die Schütte-Lanz-Werft und andere nachfolgenden Einrichtungen auf dem Gelände des heutigen Schütte-Lanz Gewerbegebiets informieren.