Die Stahnsdorferin Vera Lohkamp ist Tänzerin und erfüllt sich spät ihren Traum vom Schreiben. Aus ihrem Erstlingswerk - einem spannenden Krimi - liest sie am 23. November 2024 in Berlin-Kreuzberg.
Eine fast 90 Jahre zurückliegende Geschichte und die Gegenwart verbindet der neue Potsdam-Krimi „Spur der Gier“. Die Stahnsdorfer Autorin Vera Lohkamp schlägt darin den Spannungsbogen bis ins rechtsextremistische organisierte Verbrechen von heute.
Die sich rasant entwickelnde Handlung ist zwar erfunden. Real ist aber ihr Hintergrund: Noch immer verzeichnet die internationale „Lost-Art-Datenbank“ in Magdeburg etwa 180.000 während der NS-Zeit geraubte Kunstobjekte, die nach ihrem Auftauchen möglichst an die Nachfahren der damaligen Opfer zurückgegeben werden sollen.
Die dunkle Geschichte des Kunstkaufs ist unbekannt
Viele dieser Werke werden in Privatbesitz vermutet. Eines davon zierte lange ein Schlafzimmer an der Potsdamer Ossietzky-Straße, erfährt der Leser zu Beginn der fiktiven Geschichte. Nun hängt es in einem Appartement der Sonnenresidenz, einem Seniorenheim. Weder die Besitzerin noch ihre Tochter oder Enkelin wissen, auf welche Weise es der bereits verstorbene Opa erworben hatte.
Das ändert sich, als ein geheimnisvoller Fremder plötzlich vor der Enkelin Marthe am Jungfernsee steht. Er entpuppt sich bald als Detektiv, der für eine New Yorker Kanzlei auf der Spur des Gemäldes ihrer Oma ist. Dass er rechtschaffend ist, wird spätestens mit seinem baldigen gewaltsamen Tod klar.
Aber auch, dass brutale Gegner mit im Spiel sind, die der Großmutter gefährlich werden könnten. Daher bemüht Marthe einen befreundeten Computerspezialisten, Hintergründe herauszufinden. Er findet heraus, dass es sich um ein Original von Claude Monet handelt, das bei Lost Art verzeichnet ist – und dass sich für solche Werke Interessenten über verdeckte Internetkanäle finden.
Es stammt von einer sogenannten „Judenauktion“, bei der verfolgte Menschen Anfang der 1940er-Jahre ihre Wertgegenstände unter Preis verkauften, um die vom Staat geforderte Ablöse zur Flucht zahlen zu können. So stößt Marthe auch auf die Vergangenheit ihres Großvaters in Nazi-Deutschland, der aber danach in Potsdam den überzeugten Sozialisten mimte.
Derart wandlungsfähig zeigen sich jedoch die lebenden Romanfiguren nicht. Sie unterteilen sich in die Guten um Marthe und in die Bösen, die Kunst über dunkle Kanäle verkaufen, um mit den Gewinnen einen nationalistischen Umsturz zu finanzieren. Durch die erfolgreiche Versteigerung eines Spitzweg-Bildes aus ihrem Familienbesitz verschafft sich Marthe den Zugang zu nicht-öffentlichen Auktionen dieser exklusiven Gesellschaft, die eigentlich auf den viel ertragreicheren Monet spekuliert.
Dabei entwickelt sie mit ihrem Computer-Freund einen eigenen Plan. Die Frage, ob es ihr trotz ständiger Überwachung gelingt, eingeschmuggelte Spionage-Technik zu installieren, bringt die Geschichte weiter in Fahrt. Währenddessen zeigt sich, dass die Führung des Zirkels weit gefährlicher ist, als zuvor befürchtet.
Nach einem weiteren Mord bangt auch Marthe ernsthaft um ihr Leben. Doch in letzter Minute hilft ihr einer der „Bösen“ – das aber nur aus Eigennutz. Dass beide Seiten als klare Charaktere gekennzeichnet sind, konzentriert die Aufmerksamkeit auf den Ausgang der Story, wodurch der Leser zunehmend auf das Ende hinfiebert.
Da einer der Strippenzieher der Kriminellen am Griebnitzsee in einer Villa wohnt, erinnert sich der Leser an das von „Correktiv“ zum Jahresbeginn kolportierte rechte „Geheim-Treffen“ in der Potsdamer Villa Adlon.
Die Autorin arbeitete drei Jahre an ihrem Roman
Vera Lohkamp versichert jedoch, dass sie auf ihr Thema bereits 2012 durch den Fall des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt gestoßen sei.
Erst dadurch sei ihr das Ausmaß der Enteignungen bewusst geworden, und sie habe sich dazu belesen, bevor sie vor drei Jahren mit dem Roman begann. „Ich habe einfach losgeschrieben. Dabei kristallisierte sich heraus, was ich wollte“, sagt sie. Selbst das Genre Krimi stand anfangs noch gar nicht fest: „Nachdem ich Testleserinnen hatte, habe ich mehrmals von vorn angefangen.“
Zuvor war die international ausgebildete Tänzerin mit modernen Tanztheater-Projekten unterwegs. Vor 20 Jahren zog sie mit ihrer Familie von Berlin nach Stahnsdorf. Als ihre drei Kinder erwachsen waren, erfüllte sie sich ihren Traum vom Schreiben. Dass sie nach ihrem Debüt-Roman davon leben kann, bezweifelt sie noch. Für ihren Lebensunterhalt ist sie unter anderem als Clownin Edeltraut auf Kinderstationen von Krankenhäusern unterwegs.
INFO Vera Lohkamp: Spur der Gier. Verlag 8280-edition.ch, 392 Seiten. 15,90 Euro.
Am Sonnabend, dem 23. November 2024, ab 19 Uhr liest die Autorin zusammen mit zehn weiteren Mitgliedern der Krimiautorinnen-Vereinigung „Mörderische Schwestern“ im Wirtshaus „Max und Moritz“ an der Oranienstraße 162 in Berlin-Kreuzberg. Interessierte können Tickets zu 10 Euro per Mail an info@moerderische-schwestern-berlin.de reservieren.