Daniel Knorn aus Wünsdorf hat aus der Fundstücke-Ausstellung zum Abzug der russischen Truppen vor 30 Jahren ein Buch gemacht.
Bücher zur Lokalhistorie gibt es überall. Sie sind oft vollgestopft mit Fakten, bieten fürs Auge aber meist eher weniger. „Fundstücke“ von Daniel Knorn aus Wünsdorf fällt da komplett aus der Reihe. Es erinnert eher an Coffee Table Books und macht schon beim ersten Durchblättern klar, dass hier jemand mit Liebe zur grafischen Gestaltung am Werk war und mit Liebe zu den Einzelgeschichten, die die Menschen in der damaligen verbotenen Stadt erlebt haben.
Graffiti als Startpunkt
Es ist nicht das erste Buch von Daniel Knorn, der sich selbst nicht als Militärhistoriker, sondern als Dokumentarist bezeichnet. „Grafisches hat mich schon als Kind fasziniert“, erinnert er sich. Im Alter von elf Jahren sah er erstmals den Film „Beat Street“, was für ihn die Initialzündung war, sich eine Spraydose zu schnappen, genau wie seine Freunde. Während seines Innenarchitekturstudiums machte er sich als Grafiker selbstständig. Graffiti hat ihn aber nie losgelassen. Noch immer bietet er als Rosko Workshops an. Für einen HipHop-Verlag hatte er nach dem Studium auch bereits Bücher über die Graffiti-Szene gestaltet. Das war auch einer der Gründe, warum er überhaupt das Buch zur Ausstellung Fundstücke herausbringen konnte, erklärt Knorn. „Ich konnte alles in house erledigen“, sagt er. Ansonsten wäre es ein noch deutlich kostspieligeres Unterfangen gewesen.
Die Ausstellung zeigte im vorigen Jahr mit vielen Fotos den Alltag der Menschen und kontrastierte dies mit Bildern der Gebäude in ihrem heutigen Zustand. „Es ist keine umfassende Darstellung der Geschichte“, betont Knorn. Vielmehr habe ihn nach seinem Umzug nach Wünsdorf einfach die Neugier über die Geschichte vor Ort gepackt. „Dort lebten 35.000 bis 40.000 Menschen. Mich hat interessiert, wie ihr tägliches Leben hier aussah.“ Für die Ausstellung begann er online nach Menschen zu suchen, die ihm Bilder aus der verbotenen Stadt zukommen lassen würden. Es hätten sich vor allem diejenigen bei ihm gemeldet, die damals keine Probleme hatten. Dementsprechend sei es ein subjektives Geschichtsbild.
Als Dank für die Zuarbeit hat er den Menschen sein Buch als digitale Version geschickt. Zum Teil sind deren Geschichten auch als Steckbriefe in die Ausstellung eingeflossen. „Das macht die Geschichte lebendig“, weiß Knorn. Alle Texte im Buch sind in russischer und deutscher Sprache. Zugleich vereint das Buch durch aktuelle Fotos die Faszination von Lost Places mit den geschichtlichen Bildern aus der Zeit ab 1945. Zeitlich dazwischen liegen Fotos von Detlev Steinberg, die den Zustand der Häuser direkt nach dem Abzug zeigen.
Der Wälzer mit seinen mehr als 260 Seiten und über 1.900 Fotos sollte eigentlich zeitgleich mit der Ausstellung herauskommen. Mittlerweile ist die erste Auflage komplett ausverkauft, die zweite zur Hälfte. Nachdem die Ausstellung im vorigen Frühjahr aber ungeahnt viele Besucher angelockt hatte, soll sie vom 16. August bis 7. September noch einmal in der Neuen Galerie zu sehen sein. Darauf freut sich Knorn bereits. Schließlich kann er so seine Liebe zur Gestaltung und seine Faszination für die Fundstücke mit anderen teilen.