Vom Kunsthaus Das Minsk bietet sich ein Blick auf das Gemälde "Botanischer Garten) an der Südseite der Blu-Fassade, ebenso vom Leipziger Dreieck bei Einfahrt in die City. Es zeigt abstrahierte Blüten von Heilpflanzen aus der südafrikanischen Heimat des Künstlers, Robin Rhode, und kleine Menschen, auf deren Körper die Buchenblätter aus Sanssouci zu sehen sind. (Fotos: Matthias Busse)
Der Künstler Robin Rhode schafft am südlichen Einfahrtstor zur Potsdamer Altstadt an der Fassade des Bades "Blu" seinen Botanischen Garten.
Potsdam ist reich an Schlossparks und besitzt einen großen Volkspark – aber solch einen haben die Potsdamer und ihre Besucher garantiert noch nicht gesehen: Riesige, kontrastreiche weiße Blüten auf der tiefblau gestrichenen Fassade vom Sport- und Freizeitbad Blu. Sie leuchten den auf der Heinrich-Mann-Allee in die Innenstadt Fahrenden entgegen.
Dass es sich dabei um einen „Botanischen Garten“ handelt, daran lässt Robin Rhode keinen Zweifel. Der südafrikanische Künstler entwarf das gleichnamige Fassadenkunstwerk. „Ich bringe einen afrikanischen Garten nach Potsdam“, sagt er und beschreibt sein Werk weiter: „Aber er hat eine geometrische Struktur. Es sind Architekturblumen.“
Eine metaphorische Heilung
Dennoch stellen die stark abstrahierten Blüten auch reale Pflanzen dar. „Es sind Arzneipflanzen“, betont Rhode, dessen Bilder schon oft Pflanzen zeigten. Diesmal wählte er welche aus, die den Appetit anregen, die Nerven beruhigen oder die Nieren reinigen.
Auch wenn er es im Gespräch nicht thematisiert, könnte man meinen, der 49-Jährige verwendet die Natur als Gleichnis für die gerade aufgeregte Gesellschaft, die durch seine Kunst gesunden soll. Er erlebte noch als Kind Anfang der 1990er-Jahre in seiner Heimat die Apartheid, unter der er als „Colored“ - also „Farbiger“ - galt.
Möglich, dass er mit seinem Kunstwerk für Potsdam auch eine Heilung der Wunden der Geschichte anstrebt. Immer wieder zeigt die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten in ihren Potsdamer Museen vermeintliche Spuren kolonialer Ausbeutung und Unterdrückung. Rhode überwindet aber solche Differenzen: „Mein Garten ist für die neue Welt, eine Verbindung mit allen.“ So fügt er seinen Riesenblüten elfenähnlich kleine, silhouettenhafte Menschen hinzu, die auf ihren Körpern das Laub der Buchen tragen. Diese Bäume empfindet Rhode als typisch für Sanssouci.
„Kunst ist auch ein Heilungsprozess“, meint der Schöpfer dann doch, dass es eine historische Verbindung zu seiner Biografie und zum Ort seines Werkes gibt. Für ihn ist der Mensch Teil der Natur, bleibt so mit ihr verbunden und besitzt folglich ein natürliches Band zu allen anderen Menschen.
Aber so, wie viele seiner weltweit entstandenen Arbeiten vielschichtig sind, so ist es auch mit der verwendete Grundfarbe Blau: Das in Berlin entdeckte Preußisch Blau wurde nicht nur als Pigment in der Malerei wichtig, sondern ist auch in der Medizin als Gegengift bei Radioaktivität wichtig. Zudem basieren auf den Eisenverbindungen des Farbstoffs frühe, bläuliche Cyanotypie-Fotos von Pflanzen, die Rhode direkt zu seinem Stil inspirierten.
Details seines Fassadenbild-Entwurfs lässt er von verschiedenen, von ihm ausgewählten renommierten Streetartkünstlern ausführen. Es sei mit 800 Quadratmetern sein bisher größtes Werk, bemerkt er stolz: „Ich fühle mich sehr geehrt, dieses Projekt machen zu dürfen.“
Abschied von einer Tristesse
Ermöglicht hat ihm die Arbeit die Hasso Plattner Stiftung, die nebenan das Kunsthaus Das Minsk betreibt. „Wir erweitern uns damit in den Außenraum, den wir in unserem Programm ohnehin zukünftig stärken wollen. Die Arbeit schafft eine wunderbare visuelle Verbindung zwischen dem Minsk und dem Potsdamer Stadtpanorama“, äußert Stefanie Plattner, die Tochter des Stifters und Mitglied des Stiftungsrates. Ihre Familie ist durch deren Engagement in Südafrika schon länger mit Robin Rhode bekannt.
Zuvor scheiterten an der Südfassade alle Umgestaltungsvorschläge, weil die Stadtwerke Potsdam (SWP) dort ihre Energietechnik erweitern könnten. Jedoch gebe es dafür weder Finanzierungs- noch Zeitpläne, heißt es seitens den SWP. Vereinbart ist mit den SWP eine mindestens dreijährige Sichtbarkeit des „Botanischen Gartens“. Sein Schöpfer hofft jedoch, dass er noch viel länger bleibt.
INFO Die Galerie der Kunstgießerei Noack in Berlin-Charlottenburg, Am Spreebord 9, zeigt Rhodes Installation „Fragments in the Sun“ aus Bildern und Skulpturen. Bis 20. Juni, Mo-Do 12-17 und Fr 12 bis 18 Uhr.