Das Minsk zeigt bis zum 11. August 2024 internationale Textilkunst als Teil der Bildenden Kunst. Dabei erinnert die Sonderschau an die regionale Verwurzelung von Textilproduktion und Kunstschaffen.
Textilkunst trug lange Zeit das Image von Kunsthandwerk. Diese Sichtweise wandelt sich seit Jahrzehnten. Künstlerische Arbeit mit textilen Stoffen und Techniken holt Das Minsk nun endgültig aus dieser Nische. Mit einer internationalen Werkauswahl von mehr als 30 Künstlern verschafft das Kunsthaus in Potsdam einen Überblick über das aktuelle Schaffen weltweit.
Die noch bis zum Sonntag, dem 11. August 2024, gezeigte Ausstellung „Soft Power“ stößt auf eine sichtbar große Besucherresonanz. Das mag auch daran liegen, dass Stricken, Weben und Nähen ihren Ursprung in der Fertigung von nützlichen und dekorativen Gebrauchsgegenständen haben und bis heute von vielen Menschen zu diesem Zweck ausgeführt werden. Da interessieren sich natürlich auch Laien für künstlerische Impulse aus dieser Richtung.
Das Schaffen der Potsdamer Volkskünstlerinnen
Darüber hinaus schlägt Das Minsk einen Bogen zu Geschichte und Regionalität: In einem Kabinett erinnert es an die Verdienste des Zirkels für künstlerische Textilgestaltung Potsdam. Der wurde vor geanu 70 Jahren 1954 von der Textilgestalterin und Fachbuchautorin Ingeborg Bohne-Fiegert gegründet und ging im staatlich geförderten künstlerischen Volksschaffen der DDR auf. Gezeigt werden zwei Gemeinschaftsarbeiten, welche die Gruppe kurz vor und kurz nach der politischen Wende 1989 zur Millenniumsfeier Potsdams 1993 gefertigt hatten.
Der spätere dieser beiden Wandteppiche zeigt die Textilherstellung in Novaves, dem heutigen Potsdam-Babelsberg. Darin vermitteln die Volkskünstlerinnen in ihren Darstellungen, dass das preußische Militär nicht nur Abnehmer der Produkte war, sondern Soldaten auch in einfache Produktionsschritte mit einbezogen waren.
Darüber hinaus wurden zeitgenössische Werke ausgewählt, welche die sozialen Bedingungen der Textilproduktion thematisieren. Dazu haben Künstlerinnen die Archive von ehemaligen Fabriken in Leipzig oder Plauen durchforstet und den Aspekt der Handarbeit aus historischem Bildermaterial herauskristallisiert. Auch zeigt ein Arbeitsvertrag die materielle Lage einer Hilfskraft, die 1962 für 1,50 Mark pro Stunde bei zwölf Tagen Urlaub in der volkseigenen Spinnerei Leipzig arbeitete. Das zeigt, dass die Schau das Sujet der Textilkunst sehr weit fasst.
Textil inspiriert zu allerlei Ausdrucksformen
Manche Künstlerinnen benutzen nur noch die Muster, die auf andere Materialien umgedruckt werden oder nähen Papier. Außerdem können die auf Quilts applizierten gleichförmig gereihten Ornamente als eine moderne Richtung der Seriellen Kunst gelesen werden.
Mit speziellen Garnen in Geweben entstehen ähnlich wie mit Malfarben faszinierende monochrome Bilder, oder es lassen sich daraus skulpturale Objekte schaffen. Aus temporären Rauminstallationen und vergänglichen Freiluft-Aktionen mit textilen Objekten entstanden Dokumentarfilme von bleibendem kunsthistorischen Wert.
INFO „Soft Power“ bis zum 11. August 2024 in Das Minsk an der Max-Planck-Straße 17 hat Mi bis Mo von 10 bis 7 Uhr geöffnet. Eintritt 10, erm. 8 Euro. 50-minütige Führungen Do, Fr. um 11, Sa um 12 und So um 14 Uhr zum Aufpreis von 5, erm. 3 Euro. Der Katalog „Soft Power“, Das Minsk Issue 4, 112 Seiten, mit Abbildungen aller Exponate erschien kürzlich im Juli 2024 bei Hatje Cantz für 20 Euro.