Landkreise und Krankenkassen sind uneins über die Kostenübernahme bei sogenannten Fehlfahrten.
Inge Müller* hat einen allergischen Schock. Der Rettungsdienst kommt zum Einsatz. Inge Müller bekommt eine Spritze, muss nicht ins Krankenhaus. Bisher werden die Kosten für diese Fahrten von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Doch diese wollen die Kosten nicht mehr vollständig übernehmen.
Die Kassen beanstanden die Kalkulationen der Kreise. Dabei geht es vor allem um sogenannte Fehlfahrten. Für die Kassen liegt bei Inge Müller eine Fehlfahrt vor, weil die Patientin nicht in eine Klinik gebracht wurde. Krankenkassen zufolge hätte das ein Bereitschaftsarzt übernehmen können, der weniger Kosten verursacht, aber nicht überall im ländlichen Raum vorhanden ist.
Seitens der Rettungsdienste wird darauf hingewiesen, dass man jeden Patienten, auch wenn es aus medizinischer Sicht nicht notwendig sei, in der Notaufnahme einer Klinik abladen könne. Das wären dann keine Fehlfahrten, würde aber den Kassen, die auch den Aufenthalt im Krankenhaus bezahlen müssen, wesentlich mehr kosten.
Die Landräte der Landkreise Teltow-Fläming, Potsdam-Mittelmark und Märkisch-Oderland haben sich am Dienstag im Rahmen eines Pressegespräches gegen die drohende Festlegung willkürlicher Festbeträge durch die Krankenkassen ausgesprochen. Seit Jahren wird bereits auf ein Urteil in dem Musterverfahren gewartet. Der beklagte Landkreis Teltow-Fläming hofft darauf, dass die Richter den Fall noch in diesem Jahr aufrufen.
Die festgelegten Festbeträge der Krankenkassen sollen rückwirkend ab dem 1. Januar 2025 die Kostenübernahme für Rettungsdienstleistungen beschränken. Kassen begründen ihr Vorgehen damit, dass sie nur die Gebührenkalkulation eines externen Gutachters akzeptieren und die Kosten- und Leistungsrechnung der Landkreise ablehnen. Laut den Landräten fehlt jedoch die rechtliche Grundlage für diese Festbetragsregelung, wie das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg in einem Urteil zur Gebührensatzung des Landkreises Märkisch-Oderland festgestellt hat. Das OVG hat das Vorgehen des Landkreises Märkisch-Oderland als rechtmäßig bewertet, eigene Gebührentatbestände für bestimmte Arten von Fehlfahrten und Fehleinsätzen zu schaffen. Diese Regelung sei im Interesse der Nutzer des Rettungsdienstes, da Fehlfahrten, bei denen kein Transport erfolgt, letztlich Kosten einsparen könnten.
Gebührenbescheide für Patienten
In Märkisch-Oderland müsste der Patient für einen Rettungswagen 198 Euro zahlen. Ab nächste Woche soll es laut Landrat Gernot Schmidt damit losgehen. Dem entsprechenden Gebührenbescheid soll eine Kopie der Kassenabrechnung beigelegt werden. Außerdem sollen die Bürger informiert werden, dass sie die Gebühr von ihren Kassen zurückfordern können. Ob diese zahlen, bleibt jedoch unklar.
In Teltow-Fläming soll am 18. März entschieden werden, ob die Gebührenbescheide rausgeschickt werden. Die Begleitschreiben werden schon vorbereitet und eine Hotline eingerichtet, so Landrätin Kornelia Wehlan. In Potsdam-Mittelmark fehlt es noch an einem Grundsatzbeschluss durch den Kreistag. Insgesamt acht Landkreise wollen diesen Weg gehen.
Die Landräte fordern die Landesregierung auf, die Festbeträge durch die Krankenkassen auszusetzen und abzuwarten, bis das noch ausstehende Urteil des OVG zur Rettungsgebührensatzung des Landkreises Teltow-Fläming feststeht. Sie warnen davor, dass eine einseitige Leistungskürzung durch die Krankenkassen die Versicherten zu Gebührenschuldnern machen würde, was gesundheits- und sozialpolitisch nicht vertretbar sei.
* Name von der Redaktion geändert