Bäcker müssen durch Investitionen ihre Herstellungskosten senken, um weiter steigende Rohstoff- und Energiepreise aufzufangen. Aber nicht alle Handwerksbetriebe haben noch genügend Gewinn, um dafür Geld auszugeben. Das gesamte Handwerk leidet unter den Teuerungen.
Wie lange können wir uns noch unser Bäckerbrot leisten? „Die Grenze der Verkaufspreise ist noch lange nicht erreicht“, meint Richard Geiselhart. Der Geschäftsführer der Bäckerei Wahl misst das am „exzellenten Preis-Leistungsverhältnis“ seines Unternehmens aus Bestensee. Es übernahm kürzlich Potsdamer Filialen von „Lila Bäcker“ und 2022 den Töplizer Betrieb von Gunnar Kühnbaum.
Derzeit kosten bei Wahl dunkle Brötchen im Angebot 70 Cent, während Discounter ihre Körnerbrötchen regulär ab 39 Cent in die Selbstbedienung legen. Geiselhart sieht diesen Unterschied kritisch: „Die Mitbewerber im Lebensmitteleinzelhandel haben andere Preiskalkulationen. Das ist für alle Bäckereien eine reale Bedrohung.“ Zudem werden industriell produzierte Backwaren zu weit günstigeren Energiepreisen hergestellt. Daher fordert auch der Geschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam (HWK), Ralph Bührig, von der Bundesregierung „spürbare Entlastungen für das Handwerk“.
Selbst Wahl, der mit 55 Filialen neben dem Rathenower Thonke (58 Filialen) und dem Beelitzer Exner (40 Filialen) zu den größeren Familienbetrieben der Region gehört, erreicht keine so hohen Strom-Abnahmemenge, um von billigeren Industrie-Tarifen zu profitieren. Preissteigerungen versucht Wahl daher durch Investitionen in Energieeinsparung und Effizienz zu begegnen.
Die Teuerungen bei den Zutaten könne er jedoch nicht auffangen. Er erhalte auch bei größeren Abnahmemengen kaum Rabatte: „Die Bäckereien beziehen seit Jahrzehnten gemeinsam über Genossenschaften ihre Rohstoffe. Da hat jeder Bäcker im Grunde dieselben Konditionen.“ Wahl, der durch die seit zehn Jahren mehr als verdoppelte Filialzahl auch beim Verkaufspersonal aufstockt, kann aber nicht mehr alle Preissteigerungen an seine Kunden weitergeben. Also geht sein Preis-Leistungsverhältnis zu Lasten seiner Gewinne, die er aber für Modernisierungen benötigt.
Noch bleibt die Anzahl der Bäckereien stabil
Zur HWK-Herbstumfrage geben nur 33 Prozent der Betriebe im Nahrungsmittelhandwerk an, in moderne Technik zu investieren. 44 Prozent senken sogar ihre Investitionen, wahrscheinlich weil ihnen dafür kein Geld übrig bleibt. So verwundert es kaum, dass 40 Prozent der Betriebe in dieser Branche ihre Geschäftslage als „schlecht“ beurteilen.
Obwohl sich die Preisspirale schon lange dreht, nennt die HWK Potsdam für Westbrandenburg seit zehn Jahren in etwa gleich gebliebene Zahlen von 100 Bäckereien und 40 Konditoreien. Die Unsicherheit bestehe in der fehlenden Nachfolge, was auch bei Kühnbaum zur Übernahme durch Wahl führte. „Dennoch hoffen wir, dass durch Neugründungen die Zahlen stabil bleiben“, sagt HWK-Sprecherin Ines Weitermann.
Wahl-Geschäftsführer Geiselhart sieht jedenfalls keine Gefahr, durch weiteres Wachstum und Technisierung selbst zu einem Industriebäcker zu werden. Dennoch gibt es auch bei ihm eine Konzentrierung: Die Töplitzer Backstube von Kühnbaum hat er bald nach der Übernahme 2023 geschlossen. Sein dortiges Ladengeschäft wird jetzt von Bestensee aus beliefert.
Das gesamte Handwerk leidet unter Teuerungen
Die Antworten der Unternehmen zur diesjährigen Herbstumfrage der Handwerkskammer Potsdam (HWK) waren eindeutig. „Alle Betriebe haben gesagt, dass sich die Situation und die Zukunftserwartungen verschlechtert haben“, fasst HWK-Präsident Robert Wüst zusammen. Bereits im Frühjahr 2024 sagte Wüst, dass es „so schlecht wie nie“ gewesen sei, als nur 78 Prozent der Betriebe eine „gute“ oder „befriedigende“ Bilanz zogen.
Nun sagen das mehr als 80 Prozent der Betriebe. In einer Herbstumfrage sei das der schlechteste Wert seit zehn Jahren, betont Wüst.
Seit Januar, als HWK-Geschäftsführer Ralph Bührig deutliche Worte gegenüber Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Betriebsbesuch in Potsdam fand, wurde anscheinend keine seiner Forderungen erfüllt. So wiederholt er nun gegenüber der Presse die Notwendigkeit von „spürbaren Entlastungen für das Handwerk durch die Bundesregierung“. Besonders die Steigerung der Energiepreise mache den etwa 17.400 Westbrandenburger Mitgliedsbetrieben zu schaffen. In den beiden anderen Kammerbezirken im Land Brandenburg mit weiteren 21.000 Betrieben fallen die Umfrageergebnisse sogar noch etwas schlechter aus.
Genau wie im Februar von Jörg Dittrich, dem obersten deutschen Handwerkspräsidenten im Zentralverband aller Kammern, keine Zustimmung zu gemeinsam Protesten mit Industrie und Landwirtschaft kam, stellt Wüst nun kein Zusammengehen in Aussicht. Dabei sieht er selbst, dass alle Branchen und auch die Kunden mit der steigenden Steuerlast zu tun haben. Konsumenten können sich diese steigenden Preise immer weniger leisten.