Abschiednehmen: Das Projekt „Hospiz macht Schule“ bietet Kindern die Chance, den Themen Sterben, Tod und Trauer im Leben einen Platz zu geben.
„Ich hab da noch nie mit jemandem drüber gesprochen“, sagt Matteo (Name geändert) leise, weil er „Papa nicht traurig machen“ möchte. Er sitzt auf einem Stuhl in der Geschwister-Scholl-Grundschule Jüterbog, wirkt nachdenklich und ein wenig verloren. Was Matteo erlebt hat, ist ein Albtraum für jedes Kind. Im vergangenen Jahr ist seine Mutter verstorben. Der Schmerz sitzt tief, die Worte sind schwer zu finden. In dieser Woche hat Matteo einen sicheren Raum, um über das zu sprechen, was ihn bewegt.
Carsta Scherneck engagiert sich ehrenamtlich als Trauerbegleiterin und gehört zum Team „Hospiz macht Schule“. „Wir haben gemerkt, dass auch viele Kinder Erfahrungen mit dem Tod machen“, erklärt sie. Manchmal ist es der Verlust eines nahen Angehörigen, manchmal aber auch der Tod eines geliebten Haustiers, der eine Lücke hinterlässt. Im Rahmen der Projektwoche geht es darum, Kindern die Möglichkeit zu geben, über Trauer, Sterben und Trost zu sprechen – offen, ehrlich und ohne Wertung.
Auch eine Ärztin folgte der Einladung in die Schule und erklärte kindgerecht, was Krankheiten sind und dass manche tödlich enden können. Sie stellte sich den vielen neugierigen Fragen der Drittklässler: „Was ist Krebs?“, „Warum tragen Ärzte weiße Kittel?“, oder „Warum sind Ärzte so klug?“
Erkrankungen, wie beispielsweise ein Herzinfarkt, wurden pantomimisch dargestellt. Was hilft, wenn man traurig ist? „Wir holen die Kinder dort ab, wo sie gerade sind“, betont Carsta Scherneck. Es geht darum, ihre Lebenswelt zu verstehen – und sie in ihrer Trauer nicht allein zu lassen.
Erwachsene wünschen sich, die Kinder vor allem Übel zu beschützen. Doch das Leben verläuft nicht immer planbar. Kinder erleben Abschiede auf unterschiedliche Weise – und Trauer zeigt sich bei jedem anders. Manchmal werden Kinder plötzlich still, wie Matteo aus der dritten Klasse. Wichtig ist: Alles ist okay, alle Gefühle sind erlaubt. Kein Kind muss sich für seine Trauer schämen. „Hospiz macht Schule“ bringt diese sensiblen Themen gezielt in die Klassenzimmer. Die Projektwoche an der Jüterboger Grundschule wurde vom Palliativnetzwerk Luckenwalde organisiert. Die Ehrenamtlichen werden eigens dafür geschult. Sie leiten die Projektwoche, in der die Kinder eigene Fragen stellen, ihre Erfahrungen teilen und gemeinsam nach Antworten suchen. So ist gewährleistet, dass die Schüler in einem geschützten Rahmen über ihre Erlebnisse sprechen können – und ein Stück weit Trost finden.
Ziel ist es, die jungen Menschen nicht mit ihren Sorgen und Ängsten allein zu lassen. Vielmehr sollen sie Selbstkompetenz entwickeln, lernen, mit Verlusten umzugehen, und Strategien finden, wie sie mit den Herausforderungen des Lebens selbstbestimmt umgehen können.
Auch Eltern und Lehrkräfte profitieren. Oft wissen sie selbst nicht, wie sie die Kinder in schwierigen Zeiten am besten begleiten können. Das Projekt zeigt: Es ist wichtig, offen zu sprechen und nichts zu verdrängen. Die natürliche Offenheit der Kinder kann dabei sogar Vorbild sein.